6. VSOV-Jugendworkshop
Wein-Kosmetik

 

Etwas Lippenstift, Gel und Nagellack machen die eigene Person im Handumdrehen attraktiv. Damit Weine sexy sind, wird auch hin und wieder Schminke aufgetragen. Anziehend war das Thema des 6. VSOV-Jugendworkshops am 2.12.2019 für knapp 30 gastronomische Jugendliche.

Angehende Jungsommelièren aber auch Jungsommeliers von der HLW Rankweil den Tourismusschulen Bludenz und der GASCHT, die neue Gastgeberschule für Tourismusberufe, folgten der Einladung und versammelten sich um 17:00 Uhr im Wirtshaus Hörnlingen in Rankweil. Mitten unter die Jugendlichen mischte sich auch die amtierende Vorarlberger Weinprinzessin Viktoria Breuss. Alle sind gekommen, um über dieses prekäre Thema etwas von Eva Maria und Anton Iby zu erfahren.    

Gestartet wurde die Veranstaltung mit einem Rosè Frizzante vom Weingut Iby, um den Gaumen nach einem langen Schultag auf Wein einzustimmen und die Rezeptoren zu aktivieren.

Anton Iby und seine Frau Eva Maria bereiteten zwei Flights vor. Zügig nach den letzten Vorbereitungen, setzten sich alle an die mit reichlich Gläser gedeckten Tische. Fünf Gläser pro Gast ist nicht wirklich üblich. Es zeichnete sich bereits bei diesem Anblick ab, dass es dieser Workshop in sich haben wird.

Das Grundwissen und die Theorie zu den Aditivs wurden mit den ersten fünf Proben erarbeitet. Obwohl bei jeder Probe derselbe Basiswein verwendet wurde, war schnell erkennbar, dass die Weine unterschiedlich waren. Es stellten sich während der Degustation folgende Fragen: Sind alle Weine geschminkt? Welche Schminke wurde verwendet? Welcher Wein entstammt aus natürlichem Handwerk? An den Tischen der Workshopgruppen wurde hierzu eifrig diskutiert und gearbeitet.

Bevor Anton Iby auf die Kostproben eingegangen ist und die kosmetischen Eingriffe der einzelnen Weine erläuterte, durften alle über Ihren Lieblingswein per Handzeichen abstimmen. Jede Probe hatte Liebhaberinnen und Liebhaber gefunden. Die Vorlieben beim Weingenuss sind sehr individuell und unterschiedlich. Daher ist es auch notwendig, dass die Branche ein breites Sortiment stellen kann, das jeden Geschmack und jedes Preisgefüge trifft. Aditivs können dabei unterstützend mitwirken um die Nachfrage mit dem Angebot zu decken.
Die Proben dieses ersten Flights zeigten häufig zum Einsatz kommende Aditivs: Holzchips, -kugeln usw. imitieren das kostenintensive Barriquefass und stattet den Wein mit Geschmack, Aromen und Gerbstoffen aus, Gummi Arabicum lässt den Wein cremig mit voller Textur und runden Tanninen erscheinen, Mannoproteine lassen den Wein harmonisch und komplex wirken, indem Alkohol, Tannine und Aromastoffe positiv beeinflusst werden. Von all dieser aufgetragenen Weinschminke konnten sich die Jugendlichen auch anhand von Mustern, die durch die Reihen gereicht wurden, selbst überzeugen.

Im zweiten Flight erfolgte der Praxistest. Nun stammten die Kostproben von handelsüblichen Weinen und wurden nicht speziell für den VSOV-Jugendworkshop angefertigt. Einzig die Verkostungsspielregeln wurden nicht geändert. So wurde an den Tischen abermals eifrig diskutiert und gegrübelt: Welcher Wein ist das? Habe ich den schon mal getrunken? Kenne ich diesen Winzer?

Vor der Auflösung dieser Runde hatten wieder alle die Möglichkeit, mit einem Handzeichen ihren Lieblingsgeschmack zu goutieren. Unterschiedliche Vorlieben und Empfinden bezüglich Säuregehaltes, Holzeinsatz, Gerbstoffstruktur usw. entschieden über das Gefallen der komplexen Weine. Manche Jugendliche erlebten dabei die ein oder andere Überraschung mit dem Fazit, dass durch das bewusste Verkosten, gemachte Allerweltsweine von ehrlich produzierten Weinen unterscheidbar sind. Es entwickelte sich auch das Verständnis, dass in der Produktion mit Aditivs gearbeitet wird. Schlussendlich entscheidet jeder Konsument selber, welche Erzeugungsphilosophie er mit sich vertreten kann.

Eine Philosophie die überzeugt hat Geschäftsführer und Küchenchef Dominic Mayer gefunden. Dieser Weg wurde kürzlich mit 2 Gault Millau Hauben belohnt. In diesem Stil teilten sich die Jugendlichen abschließend zwei Überraschungshauptspeisen. Die prägenden Komponenten waren gefüllte Rinderrouladen sowie geschmorter Tafelspitz, die nach und nach mit diversen Beilagen ergänzt wurden. Somit blieb die Überraschungshaltung lange aufrechterhalten und es entwickeltes sich das Gefühl, gemütlich am Esstisch bei mehreren Gängen zu verweilen.

 

Ein herzliches Dankschön, im Namen des Vorarlberger Sommeliervereins, gilt Eva Maria und Anton Iby für Ihre kompetente und feinfühlige Präsentation eines nicht so einfachen Themas sowie für die zur Verfügung gestellten Weine und mitgebrachten Aditivs.

Bernhard Keckeis
VSOV-Jugendkoordinator

 

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