„Weinwanderung in Bregenz“

 

Als Hitzetag mit 35 Grad C in der Landeshauptstadt wird der Sonntag, 19. August sicherlich in die Geschichte des Sommers 2012 eingehen.

An so einen Tag besucht man das Schwimmbad oder erholt sich auf einer schattigen Terrasse oder genießt die Umgebung eines schönen Gartens oder faulenzt sonst irgendwo.

Eine kleine Gruppe des VSOV aber trotzte all dem.

Sie trafen sich in Bregenz in der Vinothek „Vom FASS“ bei Monika und Bernhard Kuster, um dort nach einer freundlichen Begrüßung eine „Weinwanderung“ zu beginnen, die in den antiken Weinbau Vorarlbergs führte.

Ein prickelnde Glas Prosecco sorgte für eine kurze Erfrischung, bevor vor dem Rathaus als 1. Station ein RÄUSCHLING 2010 „Höcklistein“ vom Weingut am Zürichsee in die Gläser kam.

Die Weinbautradition auf dem Höcklistein geht auf die Römerzeit zurück. An den reich besonnten Hängen gedeihen im milden Seeklima Trauben von hoher Qualität, die großen Trinkspaß vermitteln.

Dazu erklärte Bernhard Kuster erste sehr interessante Details: „Traubenkernfunde aus dem Territär belegen, dass am Bodensee die Wildrebe vorhanden war. Ob daraus aber auch Alkohol gewonnen wurde, entzieht sich der bisherigen Kenntnis. Bregenz war unter den Kelten wahrscheinlich eher Bierlastig, daher ist anzunehmen, dass die Römer (eroberten Bregenz unter Kaiser Augustus im Jahre 15 vor Christus) die Weinkultur nach Vorarlberg brachten. Durch Funde aus der Römerzeit gilt als gesichert, dass wegen der günstigen Verkehrsanbindung von Bregenz, hier auch gallische und spanische Weine getrunken wurden.  Erst im 9. Jahrhundert tauchen die ersten urkundlichen Erwähnungen von Rebgärten und Weinzins in unserer Region auf.

Es gibt auch viele Ausdrücke welche auf den römischen Ursprung zurückzuführen sind. Zum Beispiel Wimmeln (der Ausdruck ist anscheinend nur im Bodenseeraum geläufig) lässt sich von Vindemiare ableiten.

Eine Theorie will wissen, dass die Römer die Rebstöcke nicht an Stöcken zogen. Diese regionale Gepflogenheit lässt eher auf greichischen Ursprung schließen.

Der stärkste Aufschwung des Bregenzer Weinbaues fand unter den Grafen von Montfort und den regionalen Klöstern statt. 1190 – 1200 wurden Feldkirch und Bregenz zu den regionalen Zentren des Weinbaues. Die stattfindende Klimaverbesserung in der Zeit von 1280 bis 1380 verbesserte die Bedingungen und war mitverantwortlich, dass von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis ca. 1600 wahrscheinlich der Höchststand des regionalen Weinbaues, mit mehr als 64 ha, erreicht wurde.

1660 war, mit 19 hauptberuflichen und 103 nebenerwerbstätigen, der Winzer der häufigste Beruf in Bregenz. Der aus Amerika eingeführte Mais nahm in unserer Region sine Stellung ein. 1650 wurde der Kornmarkt in Bregenz gegründet. Aufgrund des geringeren Arbeitseinsatzes weitete sich der Ackerbau immer weiter aus. Der Ausbau der Eisenbahn ermöglichte günstigere Importe von Weinen aus anderen Regionen, dann kam die Industriealisierung und die Textilwirtschaft breitete sich in Vorarlberg aus. Dieser Umschwung bedingte, dass 1877 nur noch 2,5 Hektar in Bregenz bestockt waren 1974 in ganz Vorarlberg nur noch 1,42 Hektar.

Dazwischen wurde noch ein ELBLING  2011  Classic vom Weingut Biewers in Tawern-Fellerich an der Mosel verkostet.

Dann ging es bergauf in die Altstadt zum „DEURINGSCHLÖSSLE“. Im schattigen Innenhof war es sehr angenehm, um den Worten von Bernhard gespannt zu lauschen, während die fleißige Monika Wasser, Brot, selbstgemachte, köstliche Schinkenkipferl und Käsestangerl servierte, und einen ROSÉ von FRANZ NACHBAUER aus Röthis einschenkte – wunderbar passend zur Situation und Temperatur.

„Die Familie Deuring hat ihr Vermögen mit Holzhandel und Handel mit Rebstecken gemacht. Das Holz wurde aus dem Allgäu und dem Bregenzerwald bezogen und durch die begünstigte Lage am See von Weinbau treibenden Orten am Bodensee abgenommen. 1660 bis 1690 erwarb die Familie Deuring das „Deuringschlössle“ und 1702 wurde nordseitig eine Torkel angebaut. Um die Produktionsmenge, von welcher der Zehnt geleistet werden musste, kontrollieren zu können, war in jeder der sechs Torggeln ein Torggelmeister verantwortlich. Dieser Torggelmeister wurde vor der Ernte angelobt und hatte dafür Sorge zu tragen dass die verwendeten Gerätschaften gewässert, geeicht und in ordentlichem Zustand waren. Damit die Abgabemengen der einzelnen Rebparzellen noch gefälscht werden konnten, musste der Torggelmeister währen der Zeit des Betriebes die Torggel immer besetzt halten. Gegen kalte Herbstnächte stand ihm eine beheitzbare Kammer zur Verfügung. Die Torggel durfte nur von Bediensteten betreten werden. Sogar den Kindern und dem Weib des Torggelmeisters war der Zutritt verboten.

Auch in den Weinkellern war man zu entsprechendem Verhalten aufgefordert. So war es verboten an die Fässer zu klopfen (da dem Kellerbesucher kein Einblick in die vorhandenen Vorräte gewährt werden sollte), zu schreien, singen, johlen und fluchen, da man sich vor dem Wein als Gottes Gabe gebührlich verhalten sollte.

Auch der folgende BLAUBURGUNDER 2009 von Franz Nachbauer war ein leichter, kellerkühler Rotwein, der sich bestens trinken lies.

Die nächste Station „LANDESBIBLIOTHEK/GALLUSSTIFT“ war nur wenige Schritte entfernt. Mitten im Wald mit Blick auf Lindau und den Bregenzerwald durfte man sich an den Weinen vom Weingut FULTERER in Feldkirch erfreuen – RIVANER 2011 und BLAUBURGUNDER 2009 „Am Bock“. Durch Jahrhunderte waren die Hügel um Feldkirch mit Weinreben bestockt. Der Wein „Von der Bockmauer“ am Ardetzenberg war der Tafelwein von Kaiser Maximilian 1. Bei seinen Tafelfesten auf Schloss Amberg. Der Weingarten „Am Bock“ ist der letzte am Ardetzenberg und wird seit 1994 von Familie Fulterer bewirtschaftet. Der RIVANER, auch Müller-Thurgau genannt, gehört in die Gruppe der spritzigen Aufwecker, bekömmlich zum Mahle und verlockend zu fröhlichem Tun.

An der „Bregenzer Friedensbuche“ erzählte Bernhard weiter.

„Der Bodensee, welcher während der Römerzeit bis ins Hochmittelalter „Lacus Brigantius“ also Bregenzer See hieß, war als Transportweg für Exporte und Importe sehr wichtig. Dadurch erreichten die Bregenzer Weine und auch Rebstecken ein Gebiet bis nach Konstanz, südlicher Schwarzwald, Schwäbische Alp, Allgäu und Vorarlberg. Der dauernde Kampf gegen die Einfuhr begleitete den Bregenzer Rebbau bis an sein Ende.  1415 verboten die Grafen Hugo und Wilhelm von Montfort die Einfuhr bei hoher Strafe. Dieses Verbot spricht für eine besonders mächtige Stellung des Rebbaues im Wirtschaftsleben der Stadt.

Ab 1436 bestimmte ein eigens erwählter Rat auf Grund des heimischen Ertrages über die Einfuhrmengen und 1540 beschloss dieser dank der guten Ernte keinen fremden Wein einzuführen. 1484 hat Überlingen mehr als eine Million verdorbenen, vorjährigen Wein in den Bodensee geschüttet – wahrscheinlich hätten Sie ihn auch lieber nach Bregenz verkauft. Aus einer Tagung vom November 1580 beklagen sich Abgeordnete, dass Schiffsleute sich an den anvertrauten Weinladungen bedient haben sollen. Sie sollen Fischer zum Trinken eingeladen haben, sollen für sich selbst Wein abgefüllt und auch verkauft haben. Über Gebühr sei getrunken werden. Es sollen auch Schiffsleute im Rausch „über Bord gegangen“ und ertrunken sein. Es wurde auch beklagt, dass der so entstandene Schwund durch Wasser ergänzt worden sein soll.  Es wurden dann auch verschiedene Strafen und Regeln getroffen um diesen Umstand Einhalt zu bieten. So wurde auch zeitweise die Überfuhr halb in Bar und halb in Wein bezahlt.  Beim Transport für den Wein ist noch bekannt, dass die Fässer oft Mangelware – dürften auch recht teuer gewesen sein – deshalb wird vermutet, dass auf dem Retourweg die Fässer oft mit anderem Transportgut  befüllt wurden. Es ist die Rede von der Vermutung, dass die Transportfässer bisweilen mit Fisch retour beladen worden sein sollen.

Im Schatten der Waldbäume führte der Weg zum Weinberg von SEPP MÖTH mit dem traditionellen Heurigen unter dem Pergola. Die neue Vielzweckhalle mit herrlicher Aussicht bot einen schwül-heißen Rahmen für weitere Informationen zu denen zwei Weine von Sepp Möth probiert wurden: MÜLLER-THURGAU 2011 „Neu Amerika“ und das Rotweincuvée BRIGANTIUM 2009.

„Die ursprüngliche Ausweitung des Rebbaues wurde nicht gern gesehen, da diese nicht der bewährten 3-Felder-Wirtschaft, nach welcher ein Feld jedes dritte Jahr brach lag, entsprach. Da der Wein ein verbreitetes und beliebtes Gesundheits- und Nahrungsmittel war, war der pro Kopf Verbrauch mit 150 – 200 Liter pro Jahr sehr hoch.

1665 wurde die 1. Rebbauordnung bekannt gegeben. Doch erst ab dem 19. Jahrhundert wurde mehrmaliges Ernten eines Weinberges eingeführt. Bis dahin war es üblich dass der Lesezeitpunkt des jeweiligen Dorfes von einer eigens dafür eingerichteten Kommission verlautbart wurde. Diese Gepflogenheit erlaubte es, dass die Lesearbeiter sich gegenseitig helfen konnten. Wenn im eigenen Dorf noch nicht gelesen werden durfte, konnte man im Nachbarort mithelfen. Nach der Lese kam es häufig zum „Spiegeln“, Kinder durften die noch an den Rebstöcken verbliebenen Trauben sammeln. Durch die zunehmenden Klagen über Schäden, wurde diese Tätigkeit in Vorarlberg 1898 gesetzlich verboten.

Zur Zeit der Weinlese hatte jeder Rebbesitzer in Vorarlberg das Recht, sein eigenes Erzeugnis auszuschenken. Um dies zu kennzeichnen wurde eine kleine Tanne vor das Haus gesteckt, aus diesem Grund sprach man von der „Tännelewirtschaft“ (in Lindau war es ein Rad, statt einer Tanne – deshalb in Lindau der Name „Rädlewirtschaft“). Der Preis wurde seit 1464 von der Obrigkeit der Stadt Feldkirch bestimmt. Es durfte nur selbst angebauter Wein ausgeschenkt werden.

Da der Weinbau der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Region war, waren die Strafen bei Vergehen auch entsprechend hart. In Lindau wurde 1717 J. Schielein verurteilt, weil er zwei Jahre lang Trauben gestohlen und in einem Tuch ausgewunden und so zwölf Eimer (ca. 430 Liter) gewonnen hatte. Dafür musste er in die „Halsgeige“ gespannt auf dem Marktplatz neben einem Schild stehen, auf welches Trauben gemalt waren. Außerdem wurde er für 20 Jahre aus der Stadt verwiesen und schlussendlich Soldatenwerbern übergeben, die ihm mit nach Italien auf die Galeere nahmen.

Es ist immer wieder eine schöne Erfahrung, den Wein an seinem Ursprung kennen zu lernen. Es war also ein absolutes Muss, im Weinberg von Sepp Möth den Abschluss dieser Weinwanderung mit zwei Weinen aus seinem Keller zu zelebrieren“.

Die abschließende Jause mit allen „Schmankerln“ aus Küche und Keller des Möth-Heurigen war sehr gemütlich und wurde erst beendet, als es schon dunkel war.

So endete eine wirklich interessante, lehrreiche Veranstaltung über die antike Weinwelt am Bodensee, die manches pikante Detail früherer Zeiten an den Tag brachte.

Ein herzliches Dankeschön an MONIKA und BERNHARD KUSTER, sowie der Familie MÖTH für den großen Einsatz und die große Gastfreundschaft in der „hitzigen“ Landeshauptstadt.

Mit freundlichen Grüßen aus Bregenz,

                                                                                Willi Hirsch

 viele Foto`s von der Veranstaltung